Der Euro-Mindestkurs von 1,20 ist Geschichte. Die
Schweizer Nationalbank (SNB) hat den künstlichen Mindestkurs nicht durchgehalten
und sie hat das gemacht, was eine Notenbank machen muss: sie hat vollkommen
überraschend gehandelt; zu einem Zeitpunkt, wo niemand mit dieser Entscheidung
gerechnet hätte; und: sie hat extrem konsequent gehandelt!
Die Frage drängt sich auf, ob wir nicht eines
Tages aufwachen und erfahren werden, dass auch der Euro Geschichte ist. Sollte
der Euro einmal Geschichte werden, dann wird es genauso erfolgen, wie es jetzt
die SNB gemacht hat.
Das Wirtschaftswunder Schweiz wird jetzt
vorübergehend ins Gerede kommen. Plötzlich werden alle Experten wissen, dass es
mit dem Erfolg der Schweiz nicht einfach so weitergehen konnte. Man wird sich
plötzlich fragen, ob die Schweiz mit einem Franken, der über 1:1 gegenüber dem
Euro steht, überhaupt noch wettbewerbsfähig bleiben kann. Man wird den Verlust
von Arbeitsplätzen in der Schweizer Exportwirtschaft befürchten. Man wird sich
fragen, ob Schweizer Immobilien in Bezug auf Devisen wirklich so viel wert
sind. Wer weiß: der bisherige ‚Run‘ in den CHF könnte sich in einen ‚Run‘ aus
dem CHF drehen. Kein Mensch kann das wissen.
Jetzt wird die SNB zum 31. Jänner zunächst einmal
ein negatives Eigenkapital bilanzieren. Je nachdem, wie sich der Wechselkurs
bis dahin entwickelt, könnte das durchaus ein Minus von bis zu 50 Mrd.CHF
werden (oder auch mehr). Die SNB wird trotzdem voll funktionsfähig bleiben und
die vermögende Schweiz wird wegen eines solchen Betrages nicht Konkurs anmelden
müssen. Allerdings werden so manche österreichische Häuslbauer erkennen müssen,
dass sich ihre CHF-Schulden bezogen auf Euro fast verdoppelt haben.
In Wirklichkeit hat die SNB großes Glück damit,
dass sie rechtzeitig aus dem Mindestkurs ausgestiegen ist: der Verlust, den sie
jetzt verbuchen muss, ist im Großen und Ganzen von den Spekulationsgewinnen
gedeckt, die sie aufgrund des Mindestkurses verbuchen konnte. Es ist zwar ein
Verlust, aber es ist der Verlust von etwas, was man vorher nicht gehabt hat.
Dass die Eurozone bei einem eventuellen
Zusammenbrechen des Euro so viel Glück haben wird, ist durchaus anzuzweifeln.
Originalveröffentlichung hier.
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