Mittwoch, 19. Januar 2022

Peter Michael Lingens

Seit den ersten Tagen des Profil habe ich Peter Michael Lingens enorm geschätzt, um nicht zu sagen bewundert. Vor allem habe ich ihn dafür geschätzt, dass er immer in der Lage war, trotz eigener Überzeugungen auch die andere Seite fair darzustellen. Immer mit dem größten Respekt.

In den letzten Jahren ist mir allerdings aufgefallen, dass Lingens mit zunehmendem Alter das wurde, was die Amerikaner "extremely progressive" nennen. Extrem fortschrittlich zu sein ist an und für sich nichts Schlechtes, vorausgesetzt, dass man die Toleranz behält für jene, die es nicht so rasch schaffen, extrem fortschrittlich zu sein.

Diese Toleranz ist bei Lingens in den letzten Jahren ganz deutlich abhanden gekommen. Er begann so zu schreiben, als wäre ihm die Endzeit bewußt und als müßte er noch allen rechtzeitig sagen, was wirklich Sache ist. Seine Kritik an Deutschlands Wirtschaftspolitik und an Angela Merkel persönlich nahm fast schon pathologische Züge an. Ebenso seine Kritik an all jenen, denen er unterstellte, nicht zu verstehen, dass Ausgaben des Staates gleichzeitig Einkommen von Privaten sind. Und dass jeder, der nur einen Funkten von Intelligenz hat, die Saldenmechanik verstehen müßte.

Was Lingens nicht mehr begreifen konnte, ist, dass viele, die sehr wohl die Saldenmechanik und deren Konsequenzen auf die Einkommen/Ausgaben des Staates verstehen, trotzdem nicht unbedingt seiner Meinung sein mußten. Die Toleranz, auch 'Verständnis für die andere Seite zu haben', ist Lingens im Alter abhanden gekommen.

Ich habe in Lingens' Blog mehrfach kommentiert, immer sachlich, professionell und höflich. Allerdings manchmal mit ausgeprägter Kritik an seiner Meinung. Die liberale Welt lebt davon, dass ein Wettbewerb unter Meinungen garantiert ist und dass man immer vorbehaltslos prüfen sollte, welche die bessere Meinung ist. Vor diesem Hintergrund hat Lingens m. E. die liberale Welt verlassen.

Peter Michael Lingens hat mich in seinem Blog blockiert!

Das ist für mich nicht nur enttäuschend, sondern auch schmerzhaft. Schmerzhaft nicht, weil ich mich ausgeschlossen fühle, sondern schmerzhaft, weil jemand, den ich für sein liberales Gedankentum jahre- bzw. jahrzzehntelang bewundert habe, nun zu vollkommen illiberalen Maßnahmen gewechselt hat.

Es tut mir leid für Peter Michael Lingens!

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