Donnerstag, 19. Dezember 2013

Verschwendet die Republik jetzt 5 Milliarden Euro?

Im Dezember 2009 kaufte die Republik Österreich der BayernLB die Hypo Alpe Adria (HAA)  für angeblich 1 Euro ab. Heute steht die Republik laut Medienberichten vor der Wahl, bis zu 12 Mrd.EUR für die Sanierung der HAA auszugeben oder rund 5 Mrd.EUR weniger, indem sie eine geordnete Insolvenz herbeiführt. Was sich zwischen der Übernahme und bis zur heurigen Wahl abspielte, war nicht nur eine Posse, sondern deren mehrere. Zum Zeitpunkt der Übernahme war die Lage jedoch sehr ernst und jetzt ist sie es wieder. Durch die Possen dazwischen hat sich die Republik in eine Lage manövriert, wo sie nur mehr zwischen zwei Übeln entscheiden kann, ohne zu wissen, welches das größere Übel ist. Ein klassisches Eigentor.

Vorab: im Dezember 2009 war eine Insolvenz der HAA keine erstzunehmende Alternative. Am 15. April 2009 schrieb Prof. Paul Krugman einen kurzen Blog Post, in dem er die Frage stellte: „Is Austria doomed?“ Basierend auf Daten des IWF behauptete Krugman, dass das Osteuropa-Engagement österreichischer Banken „off the chart“ sei und dass Österreich eine gewaltige Krise bevorstehe. Dies inmitten größter Nervosität auf den Finanzmärkten.

Krugman’s kurzer Blog Post schlug auf den Märkten ein wie eine Bombe. Ein Run auf Österreichs Banken war im Entstehen. Dominique Strauss-Kahn, damals Chef des IWF, musste eiligst nach Wien fliegen und sich öffentlich entschuldigen, dass die IWF Daten, die Krugman verwendet hatte, fehlerhaft waren. Man müsse sich um Österreich keine Sorgen machen.

Die Situation konnte beruhigt werden. Man stellt sich lieber nicht vor, was passiert wäre, wenn nur wenige Monate später eine systemrelevante österreichische Bank mit großem Osteuropa-Engagement in Konkurs gegangen wäre.

Die Posse ist, dass man sich 3-1/2 Jahre lang mit der Frage beschäftigt hat: Wie kann man dem Steuerzahler einen Schaden verheimlichen, der auf lange Sicht nicht verheimlicht werden kann? Offenbar hat man sich an John Maynard Keynes orientiert, der einmal meinte, dass wir auf lange Sicht eh alle tot sein werden.

Der Grundfehler passierte in der Nacht auf Montag, 14. Dezember 2009. Die Bayern waren angereist mit einem entweder/oder Ultimatum: entweder übernimmt die Republik die HAA oder diese wird von den Bayern fallen gelassen. Das ist eine legitime Verhandlungsposition. Nicht legitim ist jedoch, dem Partner einen Kauf aufzuzwingen, wenn dieser nicht wissen kann, welche Risiken er kauft. Ich würde behaupten, dass das sittenwidrig ist.

Richtig (und m. E. auch möglich) wäre gewesen, das Ultimatum der Bayern zu akzeptieren, es jedoch mit der Verpflichtung beider Seiten zu verbinden, am Ende einer Prüfungsperiode (5-10 Jahre) den Gesamtschaden zu teilen. Ein möglicher Verteilungsschlüssel wären die Eigentumsprozentsätze gewesen (Bayern 67,08%; Österreich 32,92%). Um diesen Verteilungsschlüssel hätte man eine ganze Nacht streiten sollen; nicht über ein entweder/oder.

Und jetzt?  Die österreichische Regierung wird die geballte Kraft ihres Neuen Regierens einsetzen, um die Steuerzahler davon zu überzeugen, dass eine Mehrausgabe von 5 Mrd.EUR in Wirklichkeit eine Ersparnis von 5 Mrd.EUR (oder sogar mehr) ist. Das wird für die Zuschauer unterhaltsam werden; für die Steuerzahler leider nicht.

Man wird Weltuntergangsszenarien präsentieren für den Fall, dass man die zusätzlichen 5 Mrd. EUR nicht ausgibt. Am Ende des Tages wird man die 5 Mrd.EUR ausgeben. Nur dumm, dass jetzt ein internationaler Consulter behauptet, dass es zu keinem Weltuntergang käme, würde sich die Republik 5 Mrd.EUR sparen wollen. Noch dazu ein äußerst prominenter Consulter. Wer immer diese Studie in Auftrag gegeben hat, ist jetzt sicherlich kein glücklicher Mensch. Dumm gelaufen! Wie kann man nur so dumm sein, einen anerkannten internationalen Consulter zu befragen, wie man Geld sparen könnte, wenn es in Österreich genügend Experten gibt, die genau wissen, wie man das nicht tut?!?

Originalveröffentlichung hier.

Sonntag, 15. Dezember 2013

Ist es unfair, wenn Sebastian Vettel dauernd gewinnt?

Die Begeisterung über die neue Regierung bzw. über das neue Regierungsprogramm hält sich in Grenzen. Kritik hagelt es von allen Seiten, auch aus den eigenen Parteireihen. Man vermisst die ‚großen Reformvorhaben‘.

Der oberflächliche Beobachter gewinnt den Eindruck, dass die Überzeugung herrscht (auch bei Nicht-Regierungsparteien), dass nicht nur der ‚Papa‘, sondern auch der Staat alles zum Guten richten kann. Dies scheint keine Minderheitsmeinung mehr zu sein. Wenn dem so ist, dann gilt es, sie zu akzeptieren.

Gegner eines ‚zu großen Staates‘ behaupten, dass das auf Dauer nicht gut gehen kann. Auf Dauer wird dem Staat das Geld anderer Leute ausgehen. Das ist zwar nicht ganz falsch, aber – Österreich betreffend – auch nicht ganz richtig. Die österreichischen Privatvermögen sind so hoch, dass sie noch sehr, sehr lange herhalten können, um den Staat zu finanzieren. Es ist nur eine Frage, wie der Staat an diese Privatvermögen herankommt – elegant oder weniger elegant.

So sehr die finanziellen Argumente gegen einen überbordenden Staat herhalten, sie sind m. E. die falschen Argumente. Der Staat wird noch sehr, sehr lange beweisen können, dass ihm elegante oder weniger elegante Wege, an die Privatvermögen heranzukommen, einfallen. Und das alles mit dem Killer-Argument, den sozialen Frieden zu erhalten.

Die viel stärkeren Argumente gegen einen überbordenden Staat liegen im Bereich der soziologischen Aspekte. Eine Gesellschaft, die bei ihren Bürgern eine Mentalität züchtet, dass der Staat – ungeachtet ökonomischer Realitäten – alles richten kann, wird früher oder später an gesellschaftlicher Qualität verlieren. Der Begriff ‚Fairness‘ ist ein ganz wichtiger Bestandteil der gesellschaftlichen Qualität, sei es eine Familie, sei es eine Firma, sei es das ganze Land. Fairness kann nur dort wahrgenommen werden, wo es einen – ich betone – ‚vernünftigen‘ Wettbewerb von Meinungen und Leistungen gibt und eine entsprechende Würdigung der besseren Meinungen und Leistungen. Niemand kann absolute Fairness garantieren; auch kein Staat.

Man kann jedoch das Bekenntnis zum Ausdruck bringen, dass man sein Möglichstes tun wird, um Fairness zu gewährleisten. Dieses Bekenntnis bringt die neue österreichische Regierung (leider) nicht zum Ausdruck. Stattdessen redet sie über soziale Gerechtigkeit.

Fairness kann leider nicht vom Staat dekretiert werden (selbst wenn er die Verfassungsmehrheit hat). Nur der vernünftige und transparente Wettbewerb von Meinungen und Leistungen kann gewährleisten, dass am Ende die besseren Meinungen und Leistungen herauskommen (und gewürdigt werden). Der vernünftige und transparente Wettbewerb ist gewissermaßen das Regulativ, dass wahrgenommene Unfairness nicht entsteht.

Wenn Sebastian Vettel andauernd Formel 1 Rennen gewinnt, dann werden das seine Mitbewerber nicht als unfair betrachten, solange sein Erfolg am besseren Auto und am besseren Fahrer liegt. Sollte jedoch sein Erfolg an besseren Beziehungen zu Bernie Ecclestone wahrgenommen werden, dann würde es Neid, Frust und Auflehnung geben. Neid gehört zu den negativsten Charakteristiken einer Gesellschaft, weil er eben negativ ist. Neid kann nur dadurch vermieden werden, dass man sich nicht übervorteilt fühlt. Der Vierte im Abfahrtslauf wird über seine Blechmedaille enttäuscht sein, er wird sich aber nicht als unfair behandelt fühlen, weil das transparente Zeitergebnis dagegen spricht.

Kann ein Staat Fairness in der Gesellschaft, d. h. vernünftigen Wettbewerb von Meinungen und Leistungen, gewährleisten? Er könnte es, wäre es ‚ein Staat oberhalb der Wirtschaft, oberhalb der Interessenten, da, wo er hingehört‘ (Alexander Rüstow). Sozusagen ein Staat, wie sich möglicherweise Plato einen Staat vorgestellt hat.

In Parteiendemokratien ist dies dadurch behindert, dass Parteien per definitionem Interessensvertretungen sind. Parteien tendieren dazu, den vernünftigen Wettbewerb von Meinungen und Leistungen nicht zuzulassen, wenn dieser gegen die Interessen ihrer gegenwärtigen oder zukünftigen Wähler geht.

Gegner des vernünftigen Wettbewerbs von Meinungen und Leistungen werden behaupten, dass dieser zu einem brutalen ‚survival of the fittest‘ führt, wo alle anderen in der sozialen Kälte enden, wo sich keine Gesellschaft um sie kümmern würde. Menschen könnten sich keine Krankheit erlauben, weil es keine leistbare medizinische Versorgung gäbe. Arbeitslose würden am Hungertod sterben, weil sie keine Unterstützung bekämen.

In Wirklichkeit ist dies eine fahrlässige Fehlinterprätation des vernünftigen Wettbewerbs von Meinungen und Leistungen. In einer modernen, verantwortungsvollen Gesellschaft sollte niemand mangelnde medizinische Versorgung oder sogar den Hungertod fürchten. Eine faire Gesellschaft (nennen wir sie eine ‚soziale Marktwirtschaft‘) würde dies nie zulassen.

“Möge der Beste gewinnen!” heißt es bei Olympia. Es heißt nicht „Möge der Verlierer kaputt gehen!“ Wie würde man dies auf Österreichisch übersetzen? Vielleicht „Dank der Partei geht es mir gut“? Oder vielleicht sogar „Ohne die Partei wäre ich gar nichts“?

Ich behaupte, dass es für eine Parteiendemokratie nur dann möglich ist, die soziale Qualität einer Gesellschaft zu verbessern, wenn sie den vernünftigen Wettbewerb von Meinungen und Leistungen nicht nur zulässt, sondern ihn auch fördert – auch in der eigenen Partei. Solange dies nicht erkennbar ist, ist die Vergrößerung des Staates eine Gefahr für die soziale Qualität einer Gesellschaft.

Und was sagt die Neue Regierung dazu? Soweit ich erkennen kann, gar nichts. Selbst eigene Parteimitglieder, die andere Meinungen vertreten, werden mundtot gemacht.

Originalveröffentlichung hier.

Sonntag, 20. Januar 2013

Salzburger Zahlen(fest)spiele

Der Expertenbericht zur Finanzlage des Bundeslandes Salzburg, der am 16. Jänner 2013 präsentiert wurde, lässt unterschiedliche Schlussfolgerungen zu. Der Normalbürger wird möglicherweise daran verzweifeln, weil er eine ‚endgültige Klärung‘ erwartet, diese jedoch nicht bekommen hat. Dies liegt nicht an einer möglichen Verdrehung der Fakten. Fakten kann man nicht wirklich verdrehen, deren Präsentation allerdings schon.

Bei der Präsentation der Fakten haben sich die Experten (mit oder ohne Einflussnahme der Landesregierung) für folgende Argumentationslinie entschieden:

1.     Bis dato unbekannte Schulden i.H.v. 1.828 Mio. EUR wurden ausfindig gemacht („Schattenschulden“). Diese Schulden wurden in den vergangenen Jahren mutmaßlich zum Aufbau eines verborgenen Wertpapier-Portfolios aufgenommen. Das ist ganz furchtbar!
2.     Ein bis dato unbekanntes Wertpapierportfolio im Gesamtmarktwert von 1.354 Mio. EUR wurde ausfindig gemacht. Das ist zwar auch furchtbar, aber nicht ganz so furchtbar, als wenn man bis dato unbekannte Schulden entdeckt.
3.     Glücklicherweise besitzt das Land Salzburg noch andere Finanzwerte, sodass sich ein gesamtes Finanzvermögen i.H.v. 1.902 Mio. EUR ergibt. Diesem Finanzvermögen stehen o.g. Schattenschulden i.H.v. 1.828 Mio. EUR gegenüber.
4.     Glücklicherweise gibt es demzufolge einen Vermögensüberhang von 74 Mio. EUR!

Obige Argumentationslinie klingt zweifellos überzeugend. Sie ist jedoch gleichzeitig ein Offenbarungseid.

Man kann ein Schattenportfolio haben und man kann Schattenschulden haben. Man kann aber nicht wirklich ein offizielles Depot mit Schattenschulden finanzieren, weil ja jeder Adam Riese (zumindest der Rechnungshof) fragen würde, womit man denn die Wertpapiere bezahlt hat. Umgekehrt wäre es schon möglich, ein Schattendepot mit offiziellen Schulden zu finanzieren. Die Schulden wären dann bekannt, die Vermögenswerte nicht --- und die Schulden würden zu Verlusten mutieren.

Die o.g. Argumentationslinie sagt jedoch ganz eindeutig, dass es Schattenschulden gab mit dem einzigen Zweck, ein Schattenportfolio zu finanzieren. Damit wird es ganz einfach: man ziehe vom Wert des Portfolios die Schulden ab. Bleibt etwas übrig, hat man gut gewirtschaftet. Hat man ein Minus, dann hat man wirklich ein Minus.

Wenn man vom Schattenportfolio i.H.v. 1.354 Mio. EUR die Schattenschulden i.H.v. 1,828 Mio. EUR abzieht, dann verbleibt ein Minus (Schuldenüberhang) i.H.v. 474 Mio. EUR. Anders ausgedrückt: man hat 1.828 Mio. EUR Schulden aufgenommen und das Geld in Wertpapiere investiert. Diese Investition ist derzeit nur mehr 1.354 Mio. EUR wert. Ein Normalbürger würde dies als Verlust betrachten.

Interessanterweise liegen diese 474 Mio. EUR nicht allzu weit weg von jener ‚Verlustwarnung‘, die Frau „R“ angeblich errechnet hatte. Frau „R“ sagte, dass diese Verluste entstehen würden, wenn man das Schattenportfolio zu aktuellen Marktkursen liquidieren würde. Die Experten haben nun das Schattenportfolio zu aktuellen Marktkursen bewertet und kamen auf einen Verlust, der sogar über der ‚Verlustwarnung‘ von Frau „R“ liegt.

Wie konnten die Experten o.g. Argumentationslinie glaubhaft darstellen?

Das Land Salzburg hatte zusätzlich zum Schattenportfolio noch offizielle Finanzwerte i.H.v. 548 Mio. EUR (451 Mio. EUR Derivatportfolio; 97 Mio. EUR Barguthaben). Diese offiziellen Finanzwerte wurden mit offiziellen Schulden finanziert.

Im Expertenbericht wurden die offiziellen Finanzwerte den Schattenschulden zugeordnet. Daraus ergab sich ein Vermögensüberhang von 74 Mio. EUR aus den sogenannten ‚Finanzgeschäften‘, allerdings auch ein Schuldenüberhang von 800 Mio. EUR in der finanziellen Gesamtsituation. Hätte man nicht sich nicht verspekuliert, wäre dieser Schuldenüberhang in der finanziellen Gesamtsituation um 474 Mio. EUR niedriger gewesen.



TABELLARISCHE ÜBERSICHT





Vermögenswerte


Verbindlichkeiten






A. Finanzmanagement




Schattendepot
1.354

Summe Schattenschulden
1.828
Derivateportfolio
451



Barguthaben
97




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Summe Finanzvermögen
1.902

Summe Schulden
1.828
Abgzl. Schattenschulden
1.828




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Vermögensüberhang
74













B. Sonstige Aktiva/Passiva









Wohnbaukredite
605

ÖBFA Schulden
605



Offizielle Verschuldung
874

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Summe Aktiva
605

Summe Passiva
1.479



Abzgl. Aktiva
605




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Schuldenüberhang
874










GESAMTE FINANZSITUATION





Summe Aktiva
2.507

Summe Passiva
3.307



Abzgl. Aktiva
2.507




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Schuldenüberhang
800