Zur 100-jährigen Wiederkehr des Ausbruchs des 1.
Weltkrieges wird es zunehmend populär, Vergleiche zwischen 2014 und 1914 zu
ziehen. Ich empfehle, das Buch „The Sleepwalkers“ vom Australier Christopher
Clarke zu lesen. Clarke’s Buch liegt eine äußerst umfangreiche Recherche zu
Grunde. Er beschreibt die Jahre vor 1914 als ein „Versagen der Eliten“. Damit
meint er nicht so sehr die handelnden Personen, sondern die Strukturen und
Prozesse, innerhalb derer Entscheidungen getroffen wurden. Monarchen handelten
unabgestimmt mit ihren Regierungen. Innerhalb der Regierungen wurde ebenso
unabgestimmt gehandelt: Finanzminister waren oft im Widerspruch zu
Außerministern und beide zusammen im Widerspruch zum Militär. Das Ergebnis ist
bekannt. Die Eurokrise war, zumindest in den ersten beiden Jahren, geprägt von
‚öffentlichen Plaudertaschen‘. Es störte keinen EZB-Verantwortlichen,
öffentlich Meinungen zu äußern, die sich von den Meinungen anderer
EZB-Verantwortlichen deutlich unterschieden. Es störte einen Jean-Claude
Juncker nicht, fast wöchentlich neue Wortspenden zu machen, die nicht nur im
Widerspruch zu den Wortspenden anderer Spitzenpolitiker waren, sondern auch im
Widerspruch zu seinen eigenen, früheren Wortspenden. Und die deutsche
Bundeskanzlerin Merkel prägte mit ihrem „fällt der Euro, dann fällt die EU“
eine Politik, die nicht mehr umzukehren war. Möglicherweise wird man in 100
Jahren schreiben, dass der Zusammenbruch der Eurozone – und möglicherweise der
ganzen EU – eine Konsequenz des ‚Versagens der Eliten‘ war. Zu Recht.
Originalveröffentlichung hier.
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